Mantus - Ein Hauch von Wirklichkeit

   
Orkus 06/2004

Mit Ein Hauch von Wirklichkeit können Mantus ein kleines Jubiläum feiern, denn es ist immerhin ihr fünftes offizielles Album. Der Titel deutet es dabei bereits an: Das Duo beschäftigt sich nun mit ebenjenen Konflikten, die durch den Widerspruch von Träumen und der meist gar nicht so schönen Realität entstehen und die wir alle schon in der einen oder anderen Weise durchleben mussten, weil wir uns unserer Umgebung, der Gesellschaft und ihren Auswirkungen nicht vollkommen verschließen können. Die Thematik führt fast naturgemäß dazu, dass es inhaltlich wie auch musikalisch etwas rauer, sprich: direkter und härter zugeht. Die Gitarren haben an vordergründiger Bedeutung zugenommen und lassen fast schon die Bezeichnung "Rockalbum" zu. Die liebliche Stimme Thalias, hymnenhafte Kompositionen und die eingängige Melodie-führung sorgen jedoch dafür, dass Mantus nach wie vor hundertprozentig wiedererkennbar bleiben und dem Album ebenso Attribute wie "Melancholie", "Traurigkeit" und "romantische Sehnsucht" zugeordnet werden können. Wie schon auf den Werken der jüngeren Vergangenheit, nimmt die Formation auch engagiert Stellung zu ausgewählten gesellschaft-lichen Themen, dieses Mal dem Irak-Krieg (Dein Feind) oder Kindesmisshandlunq (Stumme Schreie). Die Mischung zwischen alldem ist unaufdringlich und in wunderbar ausgewogenem Verhältnis. Ein Hauch von Wirklichkeit ist ein modernes Album für unsere schwarzromantische Szene und genauso eine typische Mantus-Veröffentlichung, welche sofort von allen Fans von Martin und Thalia mit Begeisterung aufgenommen werden wird. Die erste Auflage erscheint in einem auf 3.000 Stück limitierten Digipak mit aufwändiger Gestaltung von Ingo Römling; der Vorverkauf über die Homepage der Band hat bereits großes Interesse hervorgerufen. Mindestens genauso interessant wie der reguläre Silberling ist die dazugehörige Bonus-CD, auf der mit Hilfe des Pianisten Wolfgang Gerhard sechs der neuen Stücke als Pianovariationen aufgenommen wurden, die es eigentlich wert wären, alle einzeln besprochen zu werden. Freunde klassischer Klavierkompositionen werden sich an diesen Versionen jedenfalls genauso erfreuen wie Gothics, die beispielsweise bei 1959 von den Sisters immer noch eine Gänsehaut bekommen (hört euch mal die Pianofassung von Keine Liebe an!).
Klasse Idee perfekt umgesetzt.

(9)
Axel Schön